Segelfliegen im Thermikparadies Namibia ist für jeden ambitionierten Streckensegelflieger ein Traum-Ziel. Unser Mitglied Niklas berichtet über seine Eindrücke vom Segelfliegen in Namibia.

Wenn sich die Segelflug-Saison in Deutschland dem Ende neigt, die Tage kürzer werden und das Wetter ungemütlicher wird, steigt ziemlich schnell die Vorfreude auf die – zugegeben sehr exklusive – Saison-Verlängerung in Namibia. Zusammen mit Wolf und Birgitta ging es für mich Mitte November nach Bitterwasser. Wolfs Arcus haben wir bereits Ende August zur Verschiffung in den Container verladen. Bei unserer Ankunft steht die Bravo Whiskey schon flugfertig montiert in der berühmten Palmenallee.

Die ersten Tage zeichneten sich gleich durch hervorragende Wetterbedingungen aus, die uns Flüge zwischen 700 km und 900 km ermöglichten. Da in Namibia aber nur die 1000er Flüge zählen 😉 , gab es abends kleine Debriefings was besser laufen muss, damit auch wir die 1000 km knacken können. Als Hilfestellung für die Analyse hatte ich den neuen Weglide Coach hinzugezogen, der unsere bisherigen Flüge auswertet und Tipps bereitstellt, was noch hätte verbessert werden können. So konnten wir mehrere kritische Punkte identifizieren: schneller vorfliegen, weiterfliegen wenn das Steigen zu schwach wird und möglichst nicht verbasteln (oder wie Johannes B. aus K sagen würde – “die Schere zuhause lassen”).

Unser erster Versuch die 1000 zu fliegen endete in einem etwas spannenderen Endanflug als gewollt. Wir hatten abends eine schöne Linie so weit ausgeflogen, bis der Endanflugrechner 1000 km anzeigte. Allerdings waren es zu diesem Zeitpunkt noch 150 km bis zum Flugplatz und Sunset war bereits in einer halben Stunde. 15 Minuten nach Sunset ist es in Namibia bereits sehr dunkel, weshalb eine Landung ab der 16. Minute nach Sunset als Nachtlandung betrachtet wird und dazu führt, dass der Flug nicht hochgeladen werden darf. Da es im Heimflug nicht sonderlich gut getragen hatte, fehlten am Ende ca. 300 m, so dass wir nach 983 geflogenen km und ca. 20 km westlich des Platzes an der Kentani-Pfanne zünden mussten und in der 14. Minute nach Sunset sicher in Biwa landeten.

Doch glücklicherweise blieb das Wetter auch die nächsten Tage gut. Am 27.11. sollte unser Tag sein: In Topmeteo war die gesamte Gliding Box rot eingefärbt. Am Vorabend sind alle Piloten früh ins Bett, denn ein guter Tag beginnt mit einem frühen Start. Im Prinzip lief der Tag auch lange gut, wir hatten keine größeren Durchhänger und sind schnell voran gekommen. Allerdings war es abends feuchter als vorhergesagt, sprich rund um Bitterwasser standen Schauer und Gewitter. Wolf ist aber cool geblieben und hat uns souverän durch die Blitze gelenkt. Über der Pfanne zeigt der km-Zähler dann 1004 km an. Endlich! Das Pflichttausender wäre geschafft.

Doch mein persönliches Highlight ereignete sich 3 Tage später. Topmeteo rechnete mit einer Konvergenz, die sich im Westen bilden und weit nach Süden reichen sollte. Der Westen war für mich bisher unbekanntes Terrain, denn die Großwetterlage im November begünstigt häufig den Osten, aufgrund der feuchteren und damit wolkenreicheren Luft. An diesem Tag sind wir zügig mit Rückenwind nach Nordwesten voran gekommen. Nördlich des Gamsbergs wendeten wir Richtung Süden, um hier auf die vorhergesagte Konvergenz aufzuschließen. Die Linie führte uns weit nach Westen über das Naukluft-Gebirge hinaus und ermöglichte uns einen unglaublichen Ausblick auf die Namib.

Die Linie trug so gut, dass wir über mehrere Stunden eine hohe Schnittgeschwindigkeit von über 150 km/h halten konnten. Am Ende standen 1052 km auf der Uhr – sowohl Wolfs als auch mein bisher weitester Flug.

Nach 2 Wochen mit tollem Wetter waren wir knapp 100 Stunden in der Luft. Pausentage waren also Mangelware. Es gab sogar Tage, an denen wir uns gegenseitig motivieren mussten, um doch noch zu fliegen 😉 Die 1250 km Palme ist uns leider verwehrt geblieben, jedoch eignet sich die Fliegerei in Biwa hervorragend, um Weglide-Badges zu sammeln. So konnte ich über 10 Badges abholen und damit ein Level aufsteigen.

In Bitterwasser weiß man Sonnenuntergänge zu zelebrieren, weshalb an einem Abend alle Gäste zu einem Sundowner am Dünenhaus eingeladen waren. Leider zog an diesem Abend ein Sandsturm auf, sodass aus dem Sundowner viel mehr ein Sanddowner wurde. Naja, der Amarula hat trotzdem geschmeckt^^

Es war mein 4. Mal in Namibia und tatsächlich war jeder Aufenthalt wettertechnisch unterschiedlich – etwas, dass wie ich finde das Segelfliegen auszeichnet und es zu einem unglaublich abwechslungsreichen Hobby macht. Aber dieses Jahr war sicherlich die beste Saison, zumal sich mein Traum von einem Flug in den Westen bis zur Namib erfüllt hat.

Vielen Dank an Wolf und Birgitta für die unvergessliche Zeit und die einmaligen Erlebnisse, die ich mit euch in Namibia erfahren durfte.